Sammeln der Urinprobe
Für die Urinsammlung empfiehlt es sich, saubere Einmalgebrauch-Behälter, die sich verschliessen lassen, zu benutzen. Bei Wiederbenutzung müssen Reinigungsmittel vollständig entfernt werden, da sie die chemische Untersuchung beeinflussen können.
Bei Kleinkindern oder Personen, die ihre Blase nicht kontrollieren können, sollen spezielle sterile Auffangeinrichtungen (z.B. selbstklebende Auffangbeutel) zum Einsatz kommen.
Um verlässliche Resultate zu erhalten, sollte die Urinprobe folgende Bedingungen erfüllen:
- Sie sollte frisch sein: Eine kurze Zeitspanne zwischen der Miktion und der Untersuchung vermeidet das Wachstum von Bakterien, was eine Veränderung des pH und der Glukosekonzentration sowie eine Zytolyse zur Folge hätte.
- Sie sollte konzentriert sein: Bei der mikroskopischen Untersuchung findet man mehr Elemente vor, die Zellauflösung wird verringert.
- Sie sollte sauer sein: Eiweisse sind weniger löslich, morphologische Element bleiben besser erhalten.
Der erste Morgenurin hat sich während der Nacht in der Blase angesammelt und wird vor dem Frühstück oder sonstigen Aktivitäten gewonnen. Die lange Aufenthaltszeit über Nacht in der Blase führt zu einer hochkonzentrierten Urinprobe, die bei der Untersuchung auf Nitrite (Bakteriurie) und Eiweisse nötig ist. Schwankungen der Eiweisskonzentration auf Grund von Ernährung, körperlicher Aktivität und Körperlage sind vermindert.
Der zweite Morgenurin ist spontan gelöster Urin, der nach dem ersten Morgenurin, aber vor dem Mittag gelöst wurde. Er ist gut brauchbar für die Bestimmung von Proteinen, Enzymen und Metaboliten, wenn auf die Kreatininmenge berechnet wird. Zwei Stunden nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit ergibt diese Probe die besten Resultate für Glucose. Der zweite Morgenurin ist die geeignetste Urinprobe für den Teststreifen und die mikroskopische Untersuchung des Sediments.
Der Spontanurin ist ohne zeitliche oder andere Einschränkungen gewonnener Urin. Dies ist die unkomplizierteste und meist gebrauchte Methode in der ambulanten Medizin. Man muss sich aber bewusst sein, dass entscheidende Veränderungen im verdünnten Urin verpasst werden können. Solche Fehler sind bei im Verlaufe des Tages gewonnenem Spontanurin wahrscheinlicher. Es kann irreführend sein, die Konzentrationen von verschiedenen Spontanurinproben zu vergleichen, da diese unterschiedliche Verdünnungen aufweisen können. Für die korrekte Beurteilung der Resultate muss das spezifische Gewicht mit einbezogen werden.
Normalerweise ist für die Routineuntersuchung mit Teststreifen und Mikroskop keine besondere Reinigung der Genitalien notwendig. Hingegen müssen bei Frauen besondere Massnahmen ergriffen werden, wenn es durch vaginalen Ausfluss oder vaginale Blutung zur Kontamination des Urins kommen kann. In diesen Fällen und bei der Uringewinnung für bakterielle Kulturen muss Mittelstrahlurin verwendet werden. Mittelstrahlurin ist der Urin, der nach einer ersten kurzen Miktion und vor einer vollständigen Entleerung der Blase gesammelt wird. Folgende Anweisungen müssen für die Sammlung von Mittelstrahlurin befolgt werden:
- Die Genitalien müssen vorgängig sorgfältig mit lauwarmem Wasser und allenfalls Seife gewaschen werden. Keine Desinfektionsmittel verwenden! Medizinisches Personal trägt Handschuhe.
Männer: Zum Waschen der Glans muss das Präputium vollständig zurückgezogen werden.
Frauen: Die Schamlippen müssen gespreizt werden, so dass der Öffnung der Urethra beim Waschen immer freiliegt. Von vorne nach hinten waschen. Gut spülen und leicht abtupfen.
- Der Einwegbehälter zur Sammlung des Urins darf erst unmittelbar vor der Sammlung geöffnet werden. Ein Kontakt mit der Innenwand des Behälters muss unbedingt vermieden werden.
- Der erste Strahl wird in die Toilette oder den Betttopf verworfen. Der nachfolgende Mittelstrahlurin wird mit dem Behälter aufgefangen, ohne dass der Behälter mit den Genitalien in Berührung kommt. Entleerung des restliche Urins in die Toilette oder den Betttopf.
- Der Behälter wird verschlossen und zur sofortigen Urinuntersuchung weitergeleitet.
Dauerkatheter-Urin
Bei Patienten mit Dauerkatheter darf kein Urin aus dem Sammelbeutel verwendet werden. Der Urin muss direkt aus dem Katheter gewonnen werden, dessen Mündung vorgängig desinfiziert wird.
Bei liegendem Dauerkatheter wird häufig eine Hämaturie gefunden. Diese kann sowohl auf einer Traumatisierung der Blasenwand durch den Katheter als auch auf anderen Ursachen beruhen.
24-Stunden-Urin
Im 24-Stunden-Urin kann die renale Ausscheidung verschiedener Substanzen wie Metaboliten, Hormone, Enzyme und Medikamente gemessen werden.
Zu Beginn der Sammlung wird der Morgenurin verworfen. Der Morgenurin des folgenden Tages schliesst die Sammlung ab. Während der Sammelperiode wird der Urin gekühlt und vor Licht geschützt gelagert. Da bei einer derart langen Periode unweigerlich Zersetzungsprozesse einsetzen, wird ein Konservierungsmittel beigesetzt, das je nach Untersuchung sauer oder basisch ist. Die gesammelte Urinmenge muss genau erfasst werden. Nach Abschluss der Sammelperiode wird der Urin gut gemischt. Dem Labor werden 2 Röhrchen mit je 10 - 20 ml Urin unter Angabe der Sammelmenge zur Untersuchung geliefert.
Der 24-Stunden-Urin eignet sich nicht für die Untersuchung mit Teststreifen und für die Morphologie (Sediment).
Dreigläserprobe bei Mikrohämaturie
Die Untersuchung einer ersten, mittleren und letzten Harnportion erlaubt eine Einteilung in initiale, terminale und totale Hämaturie.
Dreigläserprobe bei Prostatitisverdacht
Die Dreigläserprobe bei Verdacht auf Prostatitis setzt sich wie folgt zusammen:
- Erststrahlurin (1. Glas)
- Mittelstrahlurin (2. Glas)
- Urin nach Prostatamassage (3. Glas)
Kann im 3. Glas ein deutlicher Anstieg der Leukozytenzahl beobachtet werden, sollte der Urin mit einem speziellen Medium zur mikrobiologischen Kultur eingesandt werden. Durch die Prostatamassage kann es zum Austreten von Prostatasekret kommen. Dieses sollte ebenfalls zur mikrobiologischen Kultur eingesandt werden.
|