Glucose

Das Vorkommen nachweisbarer Mengen von Glucose im Urin wird als Glucosurie bezeichnet. Diabetes mellitus ist die wichtigste und häufigste Ursache einer Glucosurie. In der gesunden Niere wird die durch das Glomerulum filtrierte Glucose im proximalen Tubulus praktische vollständig (99,7%) rückresorbiert. Eine Glucosurie tritt dann auf, wenn die Rückresorptionskapazität der Nierentubuli überschritten wird (Nierenschwelle). Dies ist der Fall bei einem Blutzuckerspiegel zwischen 9-10 mmol/L (160-180 mg/dL).

Rechenbeispiel zur Glucoserückresorption bei Normoglykämie und bei Hyperglykämie
Normoglykämie Hyperglykämie
Plasma-Glucose 5.6 mmol/L 16. 7 mmol/L
Glomerulumfiltrat 125 ml/min
Filtrierte Glucose 0.7 mmol/min 2.1 mmol/min
Rückresorbiert Glucose 0.7 mmol/min 1.7 mmol/min
Maximale Rückresorptionskapazität 1.7 mmol/min
Glucosurie keine 0.4 mmol/min
(576 mmol/24h
oder 6.8 g/dL)

Die physiologische Ausscheidung von Glucose kann mit dem Teststreifen nicht nachgewiesen werden (zu geringe Sensitivität). Sie beträgt normalerweise < 1mmol/24 h. Im ersten Morgenurin sollte die Glucose die Menge von 1.1 mmol/L (~ 20 mg/dL) nicht überschreiten.

Teststreifen: Links Vergleichsskala, rechts ein negativer und ein positiver Ausfall. Letzterer entspricht einer Glucosurie zwischen 100 und 300 mg/dl bzw. 5.5 und 17 mmol/L.

Klinische Bedeutung

Diabetes mellitus

Der Test auf Glucosurie gehört zur Untersuchung jedes Patienten. Der Diabetes mellitus ist eine häufige Erkrankung und die Untersuchung des Urins auf Glucose ist eine wirksame Screening-Methode, um ihn zu entdecken. Das Fehlen einer Glucosurie schliesst die Diagnose jedoch nicht aus.

Ein Screening auf Diabetes mellitus ist besonders bei Personen mit folgenden Zuständen angezeigt:

  • Adipositas
  • Hyperlipidämie
  • Hyperuricämie oder Gicht
  • Arterielle Hypertonie
  • koronaren, zerebralen oder peripheren Zirkulationsstörungen
  • hepatobiliären Erkrankungen
  • chronischen Infektionen der Harn- und Atemwege
  • chronischen Hauterkrankungen

Ebenfalls für eine Glucosurie prädestiniert sind:

  • Personen über 40 Jahren
  • Personen mit einer familiären Belastung für Diabetes mellitus

Beachte: Zur Verlaufskontrolle des Diabetes sollten der Blutzucker und das HbA1C benutzt werden.

Man muss sich jedoch bewusst sein, dass eine Glucosurie allein noch nicht zur Diagnose eines Diabetes mellitus ausreicht, da diese auch andere Ursachen haben kann.

Renale Glucosurie

  • Glucosurie in der Schwangerschaft
    Schwangere Frauen können eine mässige Glucosurie beim Fasten und insbesondere im postprandialen Urin aufweisen. Nach der Entbindung verschwindet diese Form der Glucosurie.
  • Familiär renale Glucosurie
    Die Glucosurie tritt bei normalem Blutzuckerspiegel auf. Die Nierenfunktion ist ansonsten nicht beeinträchtigt. Die Glucosurie kann zwischen < 10-100 g/24 h variieren. Diese tubuläre Störung ist sehr selten und genetisch heterogen.
  • Glucosurie beim Fanconi-Syndrom
    Das Fanconi-Syndrom kan bei verschiedenen angeborenen Stoffwechselstörungen beobachtet werden.
  • Glucosurie bei toxischen oder immunologischen Schädigungen der Nierentubuli.

Empfindlichkeitsgrenze

Die Empfindlichkeitsgrenze für Ascorbinsäure-freien Urin ist ca. 2.2 mmol/L (40 mg/dL). Das bedeutet, dass selbst eine leichte Glucosurie mit grosser Zuverlässigkeit diagnostiziert werden kann.

Fehlerquellen

Ascorbinsäure (Vitamin C) kann mit der enzymatischen Messung der Urin-Glucose interferieren.