Dichte (spezifisches Gewicht) und Osmolalität

Die Bestimmung der Dichte des Urins dient der Erfassung der Konzentrations- und Verdünnungsfähigkeit der Niere, welche für die Aufrechterhaltung des Flüssigkeits- und Elektrolytgleichgewichts (Homöostase) entscheidend ist. Es wiederspiegelt die Menge gelöster Teile im Urin, d.h. das Verhältnis der gelösten Teile im Bezug auf das Volumen der Probe. Es ist Temperatur-abhängig und sollte darum bei 20°C gemessen werden. Die für das spezifische Gewicht verwendete Einheit ist g/mL; die SI-Einheit ist kg/m3.

Als Screeningmethode und Routinemessung ist die Teststreifenmethode praktisch und einfach durchzuführen. Damit erhält man eine grobe Schätzung der Urinkonzentration. Es wurden jedoch deutliche Differenzen bei der Treffsicherheit dieser Methode beobachtet.

Die Messung mittels Aräometer (Urometer) gilt heute als überholt. Sie wird aber immer noch an vielen Orten angewandt.
Der unten beschwerte Aräometer sinkt entsprechend dem Gewicht des von ihm verdrängten Urins ein. Dort, wo der Urinspiegel auf die geeichte Skala des dünnen oberen Endes trifft, kann der Messwert abgelesen werden. Der Aräometer muss frei schwimmen können. Die Messung muss bei 20°C erfolgen.
Die Bestimmung mit einem Aräometer, selbst wenn korrekt durchgeführt, hat eine sehr hohe Fehlerrate. Darum kann sie nicht empfohlen werden.

Aräometer in Uringlas schwimmend

Zur genauen Messung der Dichte wird der Einsatz eines Refraktometers empfohlen. Hierbei wird die Lichtbrechung des Urins gemessen. Diese ist direkt abhängig von der Zahl der gelösten Teilchen. Zur Bestimmung sind nur einige Tropfen Urin nötig. Auf Grund einer Eichung kann das spez. Gewicht direkt abgelesen werden. Obwohl die Refraktion gemessen wird, müssen Korrekturen für Glucose und Eiweiss durchgeführt werden. Auf die Vorschrift des Herstellers ist genau zu achten.

Im Routinebetrieb beschränkt man sich auf die Bestimmung der Dichte mittels Teststreifen.

Normbereich: 1.003-1.030 g/mL (eventuell höher).

Werte der Dichte:

  • Eusthenurie: 1.010-1.030 g/mL.
    Dies entspricht dem normalen Konzentrationsbereich. Morgenurin gesunder Individuen hat eine Dichte von 1.020 g/mL (mehr nach Füssigkeitsrestriktion während der Nacht).
  • Hyposthenurie : < 1.010 g/mL
  • Hypersthenurie: > 1.030 g/mL
  • Isosthenurie: Der Urin hat konstant eine Dichte von 1.010 g/mL, unabhängig vom Urinvolumen. Die Niere hat infolge einer schweren Schädigung ihre Konzentrations- bzw. Verdünnungsfähigkeit verloren .

Die Messung des spezifischen Gewichts erlaubt auch, die Flüssigkeitsaufnahme eines Patienten (z.B. Flüssigkeitsaufnahme bei der Therapie von Nierensteinen) abzuschätzen oder herauszufinden, ob der Urin künstlich verdünnt oder gefälscht wurde, um die Einnahme von Drogen oder Medikamenten zu kaschieren.

Parallel dazu sollte deshalb auch Creatinin gemessen werden!

Klinische Bedeutung

Vermindertes spezifisches Gewicht

  • Diabetes insipidus centralis oder renalis: Ein Mangel an antidiuretischem Hormon (ADH) oder ein Defekt des ADH-Rezeptors bewirkt, dass die Wasserdurchlässigkeit im distalen Tubulus und im Sammelrohr nicht erhöht werden kann. Grosse Mengen von Urin mit einem spezifischen Gewicht von 1.001 bis 1.003 g/mL werden ausgeschieden.
  • Nierenparenchymerkrankungen, bei denen die Tubuli besonders geschädigt werden wie Pyelonephritis, polyzystische Niere und Hydronephrose.
  • Schwerer Kaliummangel
  • Hyperkalziämie verschiedener Genese

Erhöhtes spezifisches Gewicht

  • Massiver Wasserverlust (Schwitzen, Fieber, Erbrechen, Durchfall)
  • Zu geringe Flüssigkeitsaufnahme (fehlendes Durstgefühl)
  • Nebenniereninsuffizienz
  • Lebererkrankungen
  • Herzinsuffizienz

Siehe auch Kapitel "Chemische Analyse".

Osmolalität

Die Osmolalität ist ein Mass für die Anzahl (osmotisch aktiver) Teilchen (Osmol) pro Masseneinheit Wasser (Osmol/kgH20) oder pro Lösungsmittelvolumen (Osmol-Osmolarität). Sie ist nur von der Zahl der gelösten Partikel abhängig und nicht von deren Form und Dissoziationsart.

Die Homöostase oder das Gesetz der Erhaltung des Gleichgewichtes wirkt sich beim Wasser und Elektrolytenstoffwechsel in drei miteinander gekoppelten Mechanismen aus:

  • Erhaltung der Isohydrie (konstantes pH)
  • Erhaltung der Isoionie (konstante Ionenzusammsetzung)
  • Erhaltung der Isotonie oder Osmolalität

Die Messung erfolgt mit Hilfe des Gefrierpunkterniedrigung (Kryoskopie)

Prinzip

Die Probe wird in einem Kühlbad rasch auf –6°C abgekühlt (Pelletier –Effekt). Durch Vibration eines Metalldrahtes wird die Kristallbildung ausgelöst. Dadurch wird Wärme frei. Dies führt zur einem Temperaturanstieg der Probe der mit einem Temperaturplateau endet. Die Differenz zwischen 0°C und der Temperatur des Plateau wird als Mass für die Gefrierpunkterniedrigung verwendet. Die Temperaturmessung erfolgt elektronisch und das Resultat wird direkt in mosmol/kg angezeigt.

Referenzintervalle

Erwachsene: 500-1200 mosmol/kg H2O
Maximum bei Dehydration ~1400 mosmol/kg H2O
Minimum bei Wasserdiurese ~40 mosmol/kg H2O

Neugebore: 40-250 mosmol/kg H2O (Erster Tag: 9-400 mosmol/kg H2O)
Säuglinge: 500-600 mosmol/kg H2O